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Zurück zur ÜbersichtZum Sonderausgabenabzug von Schulgeld einer Privatschule in der Schweiz vor Beginn der Schulpflicht in Deutschland
Das Finanzgericht Münster entschied, dass ein Sonderausgabenabzug für Schulgeldzahlungen an eine Privatschule in der Schweiz auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aus Art. 9 Abs. 2 des Anhangs I des Freizügigkeitsabkommens (FZA) ausscheidet, wenn das Kind altersbedingt noch keiner öffentlich-rechtlichen Schulpflicht in Deutschland unterliegt (Az. 8 K 2742/22 E).
Im Streitfall hatte der Kläger, ein deutscher Staatsbürger, seinen Familienwohnsitz in der Schweiz. Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit unterhielt er einen weiteren Wohnsitz in Deutschland. Sein Sohn besuchte eine in der Schweiz belegene private Einrichtung, bei der es sich um einen Kindergarten und eine Primarschule handelt. Der Sohn besuchte diese Einrichtung bereits, bevor er altersbedingt der öffentlich-rechtlichen Schulpflicht in Deutschland unterlag. In seiner deutschen Einkommensteuererklärung machte der Kläger das Schulgeld für den Besuch der Privatschule als Sonderausgaben geltend. Das beklagte Finanzamt erkannte das Schulgeld nicht als Sonderausgaben im Rahmen der Veranlagung an.
Die hiergegen gerichtete Klage wurde vom Finanzgericht Münster als unbegründet zurückgewiesen. Liege die Privatschule in der Schweiz und damit weder in der EU noch im EWR-Raum, sei ein Sonderausgabenabzug des Schulgeldes nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG nur dann möglich, wenn sich dem Freizügigkeitsabkommen insoweit ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit den EU/EWR-Staaten entnehmen lässt. Ein Sonderausgabenabzug gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG für Schulgeldzahlungen an eine Privatschule in der Schweiz scheide allerdings regelmäßig auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aus Art. 9 Abs. 2 des Anhangs I des Freizügigkeitsabkommens aus, wenn das Kind altersbedingt noch keiner öffentlich-rechtlichen Schulpflicht in Deutschland unterliegt. Auch bei einer rein innerdeutschen Fallkonstellation hätte das Schulgeld nicht als Sonderausgaben geltend gemacht werden können. Dies komme erst mit dem Beginn der öffentlich-rechtlichen Schulpflicht und der Möglichkeit des Zugangs zu öffentlichen Schulen einschließlich öffentlicher Vorschulen in Betracht. Des Weiteren könne im Streitfall das Schulgeld ebenso in einem reinen Auslandsfall bei der Einkommensbesteuerung in der Schweiz nicht in Abzug gebracht werden, weswegen eine Vereinbarkeit mit dem Freizügigkeitsabkommen vorliege.
Hinweis
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG können 30 Prozent des Entgelts, höchstens 5.000 Euro, das der Steuerpflichtige für ein Kind entrichtet, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld hat, für dessen Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule, mit Ausnahme des Entgelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung, als Sonderausgaben abgezogen werden. Weitere Voraussetzung (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG) ist, dass die Schule in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den EWR Anwendung findet, und die Schule zu einem von dem zuständigen inländischen Ministerium eines Landes, von der Kultusministerkonferenz der Länder oder von einer inländischen Zeugnisanerkennungsstelle anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt.
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